AGB-Recht: Gewährleistungsfristen bei Fertigelementen

Die nachfolgend kommentierten Entscheidungen des Landgerichts Stendal vom 28.11.2008 und des OLG Naumburg vom 21.05.2010 betreffen Fragen zur Zulässigkeit von Verkaufsbedingungen, durch die die Gewährleistungsfristen für den Vertrieb von Fertigelementen geregelt werden. Hier ging es um Produkte, die zum Einbau in Gebäude bestimmt sind, wie z.B. Aluminium-Glassysteme Fenster oder Türen.

Die vertraglichen Bestimmungen reduzierten die Gewährleistungsfristen sowohl gegenüber Verbrauchern als auch gegenüber Unternehmen auf zwei Jahre.  Nach dem BGB gelten fünf Jahre. Nach Ansicht des Landgerichts Stendal sowie des OLG Naumburg ist dies unzulässig.

Im § 438 BGB ist bestimmt, dass die in § 437 Ziffer 1 und 3 bezeichneten Ansprüche  – also Nachbesserung geltend zu machenden Rücktritt bzw. Schadensersatz zu fordern oder die Minderung zu erklären – in fünf Jahren verjähren bei a) dem Verkauf eines Bauwerks, b) dem Verkauf einer Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet werden soll und die dessen Mangelhaftigkeit verursacht.

Sofern also Sachen bestimmungsgemäß für den Einbau in ein Bauwerk verwendet werden, gilt eine Regelverjährungszeit von fünf Jahren. Die Regelung gilt für Baumaterialien aller Art, gleich ob sie zur Herstellung des Rohbaus oder des Innenausbaus bestimmt sind. Sie betrifft also z.B.  Steine, Türen, Fenster, Sanitärobjekte etc.. Insofern hat das Landgericht Stendal konsequent erkannt, dass eine Einschränkung der Verjährungsfrist auf zwei Jahre gegenüber den Verbrauchern nicht möglich ist, sofern diese Einschränkung durch die Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen realisiert werden soll.

Der Fall weist insofern eine Besonderheit auf, als die Beklagte erst in der zweiten Instanz – zu spät – behauptet hat, daß die Regelungen nur gegenüber Zwischenhändlern gelten sollten und nicht gegenüber Verbrauchern. Insofern würden eigentlich andere Regelungen gelten, denn im Unternehmensverkehr – dachte man bis hierhin – lassen sich Gewährleistungsfristen einschränken.

Anders das OLG Naumburg.  Dessen Entschediung zeigt eindrucksvoll auf, welche Gefahren bestehen, wenn der Gesetzgeber Regelungen erlässt, die es den Gerichten erlauben, selbst darüber zu entscheiden, was im kaufmännischen Verkehr richtig und was falsch sein soll.

Das Gericht entschied nämlich, dass wegen der §§ 307 Abs. II Nr. 1 und 310 Abs. I Satz 2 BGB die Regelwertung des § 309 Nr. 8 b BGB auch für den Unternehmensverkehr Anwendung findet. Zur Erklärung: Im § 307 Abs. II Nr. 1 BGB steht, dass die Rechtswidrigkeit einer AGB-Klausel indiziert ist, wenn von dem gesetzlichen Leitbild abgewichen wird. § 309 Nr.8 b besagt, daß Abweichungen von dem gesetzlichen Gewährleistungsregelungen im Verbraucherverkehr zu Lasten des Verbrauchers prinzipiell unzulässig sind. Im § 310 Abs. I Satz 2 BGB steht, dass die vorgenannten Regelungen der §§ 305 ff. BGB wesensmäßig auch für den Unternehmensverkehr Anwendung findet, soweit sich nichts aus den Handelsbräuchen bzw. den Bräuchen des unternehmerischen Geschäftsverkehrs ein anderes ergibt.

Übersetzt lautet die Entscheidung des OLG, daß die Regelung des § 309 Nr.8b BGB – Gewährleistungsregelungen lassen sich grundsätzlich nicht einschränken – auch für den Handelsverkehr zwischen Unternehmen gelten muß.

Auch im Unternehmensverkehr sei es dem Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwehrt, die Regelgewährleistungszeit, die im BGB niedergelegt sei, zu beschränken. Wenn das BGB dem Verbraucher fünf Jahre Gewährleistungszeit gäbe, müsse Gleiches aus für den Unternehmensverkehr gelten. Denn „es sei ein Grundanliegen der Schuldrechtsreform gewesen, die Verlängerung der Verjährungsfristen durchzuführen und nicht die Erleichterung ihrer Verkürzungsmöglichkeiten“. Was das OLG Naumburg dabei komplett verschweigt, ist ja, dass bis zum Jahre 2002 viel kürzere Verjährungsfristen galten.Verschwiegen wird auch, daß der BGB eine Verkürzung der gesetzlichen Gewährleistungsfristen im Unternehmensverkehr bei beweglichen Sachen längst als zulässig erachtet hat. Aus welchen Gründen das bei Bauwerken anders sein soll, bleibt dunkel.

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