Softwarelizenzrecht: Parametrisierung, Customizing – welcher Vertragstyp, wieviele Verträge? Teil 1

Häufig wird Software noch vor der Inbetriebnahme an die besonderen Bedürfnisse des Kunden angepasst. Zu meinem Jargon: Erfolgt diese Anpassung unter Verwendung von Einstellungsmöglichkeiten, die in der Software vorhanden sind, spricht man von Parametrisierung. Wird der Quellcode angepasst oder im Auftrag des Kunden neuer Code programmiert, spricht man von Customizing.

Durch zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs aus der jüngeren Zeit ist viel Verunsicherung über die Wahl des richtigen Vertragstyps entstanden, auf dessen Basis solche Projekte durchgeführt werden können. In der alten Zeit wurden Verträge verwendet, die auf Werkvertragsrecht basieren. Das Problem an der Verwendung solcher Verträge besteht darin, daß nach Ansicht des BGH meist einzig Kaufrecht zur Anwendung findet. Der BGH wendet den § 651 BGB strikt nach seinem Wortlaut an. Danach unterfallen Verträge über die Erstellung beweglicher Sachen dem Kaufrecht. Da das Kaufrecht für die Probleme geschaffen wurde, die sich aus der Übereignung und Besitzverschaffung fertiggestellter Sachen ergeben, naturgegebenweise aber keine Regelungen über den Herstellung von Sachen beinhaltet, sind die Verträge die der BGH als gesetzeskonform ansieht für die Praxis schlicht ungeeignet.

Denn in der Praxis muß man sich natürlich damit befassen, was geschieht, wenn ein Projekt vorzeitig gekündigt wird, welche Mitwirkungspflichten der Kunde zu erfüllen hat, wie das Abnahmeverfahren zu erfolgen hat. Für all diese und weitere Situationen weist das Kaufrecht keine Lösung auf.

In der Praxis verwendet man Standardverträge. Kaum ein UNternehmen erstellt für jeden Kunden einen gänzlich neuen Vertrag. Standardverträge, so das Gesetz, werden von Juristen Allgemeine Geschäftsbedingungen genannt. In unserem Kontext ist relevant, daß Standardverträge dem gesetzlichen Leitbild entsprechen müssen. Ein Kaufvertrag darf sich nicht allzu weit von dem gesetzlichen Leitbild des Kaufrechts entfernen, ein Werkvertrag darf wesentliche Grundgedanken des Werkvertragrechts nicht verletzen.

Falls man also plant, im Rahmen von Verträgen über Parametrisierung und Customizing zu verwenden, stellt sich schnell die Frage, welchen Vertragstyp – Kauf oder Werkvertragsrecht – man wählen soll. Aus der Praxis lässt sich diese Frage inzwischen so beantworten:

Es kommt maßgeblich auf den wirtschaftlichen Schwerpunkt an. Liegt der finanzielle Aufwand für die Beschaffung der Standardsoftware höher, so ist schwerpunktmäßig Kaufrecht anwendbar. Wird mehr Geld für die Anpassungs- und Beratungsarbeiten aufgewendet, so kommt Werkvertragsrecht zur Geltung.

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