Markenrecht: Klangliche Verwechslungsgefahr – auf die Aussprache kommt es an

Ein Herz für Dialekte bewies das Bundespatentgericht in einer Entscheidung vom Mai 2013 (Az. 28 W (pat) 24/12. Bei der Beurteilung der klanglichen Verwechslungsgefahr soll es demnach auch auf regionale Unterschiede in der Aussprache der zum Vergleich stehenden Zeichen ankommen. Das erweitert den Prüfumfang bei der Anmeldung wie auch bei der Verteidigung einer Marke nicht unwesentlich.

Im konkreten Fall wehrte sich der Discounter Lidl, Inhaber der gleichlautenden Gemeinschaftswortmarke „LIDL“ gegen die Anmeldung der deutschen Wortmarke „Lider“. Diese war von einem Warengroßhändler ebenfalls in den Klassen 29, 30, 31 – also vor allem für Lebensmittel – angemeldet worden.

Das DPMA sah hier einen ausreichenden Abstand zwischen beiden Zeichen, der eine Verwechslungsgefahr ausschließe. Das BPatG hob diesen Beschluss dann auf und ordnete die Löschung der Marke „Lider“ an.

Hierbei bestätigte das BPatG zunächst eine Reihe von gefestigten Grundsätzen: 1. Bei der Beurteilung der Klangähnlichkeit kommt es insbesondere auf den Wortanfang an. 2. Es kommt vornehmlich auf die Vokale, deren Reihenfolge, die Betonung und die Silbengliederung an. 3. Marken mit fünf Buchstaben sind kein Kurzzeichen mehr, bei dem bereits ein abweichender Buchstabe zur Abgrenzung von anderen ähnlichen Zeichen ausreichen kann.

Soweit, so bekannt. Dann aber hebt das BPatG zu einem Exkurs über regional gefärbte Aussprache von Wortzeichen an, der aufhorchen lassen muss. Es wird herausgestellt, dass die Aussprache des Wortes „Lider“ regelmäßig mit einer Betonung auf der ersten Silbe und mit einem langen Vokal „I“ zu erwarten sei, also wie „Lieder“.

Anders sei das bei dem Wort „Lidl“. Hier werde im süddeutschen Raum eher eine Aussprache mit kurzem „I“ vorherrschen, in nördlicheren Regionen jedoch eine mit langem Vokal, also wie „Liedel“. Dies begründe insgesamt eine Verwechslungsgefahr zwischen den Klangfolgen „Lieder“ und „Liedel“. Einen Nachweis für diese regional unterschiedlichen Aussprachen führt das BPatG dann leider nicht.

Insofern bleibt unklar, inwieweit diese Begründung auch in Zukunft und generell eine Rolle in der Markenpraxis spielen wird. Jedenfalls ist vorerst im Rahmen der Markenrecherche auch auf denkbare regionale Aussprachen zu achten, um Widersprüche gegen die Eintragung der Marke zu vermeiden.

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