Softwarelizenzrecht: Handel mit „Gebrauchtsoftware“ Teil I

Wie ist mit der aktuellen Rechtslage umzugehen? Wie bereits mehrfach in diesem Blog dargelegt, endete der Rechtsstreit „Oracle ./. Oracle/Usedsoft“ am 03.07.2012 vor dem EuGH mit einem Urteil, infolge dessen festgestellt wurde, dass der Handel mit „Gebrauchtsoftware“ unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt ist. Der Terminus „Gebrauchtsoftware“ ist ein weinig irreführend, weil Software nicht verschleißen kann (die Nullen und Einsen bröckeln ja nicht ab). Gemeint sind diejenigen Fälle, in denen die Software nicht von dem Hersteller oder dem Originalhändler bezogen wird, sondern von einem ehemaligen Nutzer der Software oder von einem Händler, der diese Software nicht von dem Hersteller oder einem Zwischenhändler gekauft hat, sondern von einem ehemaligen Nutzer bezog.

Die grundsätzliche Aussage des EuGHs ist: Gekaufte Software darf weiterverkauft werden. Ein Kaufvertrag über Software liegt dann vor, wenn die Nutzungsrechte an der Software ohne Vorbehalt und dauerhaft übertragen werden.

Was also muss beachtet werden, wenn man von einem Nutzer oder einem Händler, der mit gebrauchter Software handelt, die Software erwerben will?

1.) Häufig formulierter Einwand

Von Seiten der Softwareindustrie wird häufig der Einwand verwendet, man könne als Zweiterwerber nur die Software, nicht aber die notwendigen Rechte zur Nutzung der Software erwerben. Das stimmt so nicht. Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 03.07.2012 deutlich festgestellt, dass die Einräumung der Nutzungsrechte zugleich die Einräumung der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit verschafft. Wenn man gebrauchte Software kauft, kann man sie natürlich auch in den Arbeitsspeicher laden, auf Festplatten speichern und damit auch „nutzen“.

2.) Erwerb von Berechtigten

Rechte können nicht gutgläubig erworben werden. Beweislast für das Vorliegen der Berechtigung des Vorbesitzers der Software  – also des Nutzers oder des Softwarehändlers –  trägt der Kunde. Falls Sie sich also mit dem Gedanken befasst, gebrauchte Software zu erwerben, müssten Sie sich nachweisen lassen, dass der vorherige Erwerber auch wirklich berechtigt ist, diese Software selbst „zu nutzen“. Mit dem Terminus „nutzen“  – dieser Terminus kommt im Urheberrecht nicht vor –  ist im Bereich des Softwarelizenzrechts immer das Nutzungsrecht zur Vervielfältigung der Software gemeint. Nutzen bedeutet zumindest, dass man die Software in den Arbeitsspeicher lädt oder auch permanent auf Datenträger installiert. Sie sollten sich in diesen Fällen also die erforderlichen Lizenzunterlagen von der Gegenseite vorlegen lassen. Bei Bestehen irgendwelcher Zweifel heißt es entweder einen Anwalt einzuschalten oder die Finger von dem Vertrag zu lassen. Falls der Vorbesitzer nicht eindeutig nachweisen kann, zum Weiterverkauf der Software berechtigt zu sein, können Sie die Rechte an der Software nicht selbst erwerben. Sie machen sich in diesem Fall strafbar und außerdem schadensersatzpflichtig.

3.) Rechte des Vorbesitzers

Der Vorbesitzer muss das Recht haben, die Software zeitlich unbeschränkt verwenden zu können. Falls Sie sich gefragt haben sollten, warum Unternehmen wir Oracle, Adobe und Microsoft ihre Software nunmehr lieber vermieten als verkaufen wollen, hier ist die Antwort. Erforderlich ist ebenfalls, dass die Software gegen Entgelt in den Verkehr gebracht wurde. Der § 69 c Nr. 3 UrhG beinhaltet das sog. Erschöpfungsprinzip. Die Rechte der Softwarehersteller, den Weiterverkauf der Software zu verbieten, erschöpfen sich in dem Moment, in dem das Werkstück (gemeint die Software) mit Zustimmung des Rechteinhabers im Gebiet der europäischen Union in den Verkehr gebracht wird. Hintergrunde des Erschöpfungsgrundsatzes ist die Belohnungstheorie: Der Inhaber der Verwertungsrechte soll die Möglichkeit haben, einmal eine angemessene Vergütung für sein Werk zu erhalten. Hat er diese Vergütung erhalten, so verliert er sein Recht über die weitere Verwendung des Werkes zu bestimmen. Das ist der Inhalt des Erschöpfungsgrundsatzes. Mithin können Sie nur dann Software gebraucht erwerben, wenn die Software einmal verkauft wurde und der Kaufpreis an den Inhaber der Verwertungsrechte (das Softwareunternehmen) gezahlt wurde.

4.) Updates: In einer juristisch nicht nachvollziehbaren Argumentation (ich finde das Ergebnis des EuGHs gut, aber mit juristischen Methoden kann es kaum hergeleitet werden) hat der BGH erkannt, dass sich die vorgenannten Grundsätze über den Weiterverkauf von Software nicht nur auf die Softwareversion bezieht, die der Ersterwerber ursprünglich einmal erhalten hat, sondern auch auf alle weiteren Releases (Updates, Upgrades, Hotfixes, etc.), die der vorherige Nutzer ebenfalls von dem Hersteller bzw. Softwarehändler erhalten hat. Man erhält also die Software in dem neuen Releasestand, der sich aus dem Kauf- und Softwarepflege, bzw. aus dem Supportvertrag ergibt und nicht etwa nur die Software, die sich ausschließlich nur aus dem Kaufvertrag ergibt.

Teil II

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