IT-Recht: Ansprüche auf Herausgabe von Daten und die Vollstreckung von Herausgabeansprüchen

In der heutigen Zeit stellt sich immer häufiger die Frage, wie man Daten und Datenbanken von einem Provider / Hostprovider erlangt, wenn sich die Vertragsparteien in Streit befinden und der Hostprovider die Daten/Datenbanken nicht freiwillig herausgeben will.

Fallgestaltung: A betreibt seine Software auf den Rechnern des B. Mit der Software werden Daten und Datenbanken erstellt. Das Vertragsverhältnis zwischen A und B beinhaltet mietrechtliche, dienstvertragsrechtliche und werkvertragsrechtliche Komponenten. B überlässt A Rechnerkapazität, Speicherplatz und kümmert sich daneben um Dinge, wie administrative Tätigkeit, dem Beseitigen von Dateileichen und dem Erstellen von Datensicherungen. A und B geraten in Streit. A ist mit der Leistung des B unzufrieden (Verfügbarkeiten werden nicht eingehalten) und zahlt B immer weniger, bis B die Software vom Netz nimmt. Da B die Datensicherung übernehmen sollte, hat A keine Datensicherung erstellt: Weder die aktuelle Fassung der Software noch die der Daten oder Datenbanken befinden sich in seinem Besitz. Die Software betrifft eine Teillösung, die A nicht lebensnotwendig braucht.  B will A die Software nur geben, nachdem alle Zahlungen erfolgt sind. Frage also: Hat A einen Anspruch auf Herausgabe der Daten und wie vollstreckt man solche Ansprüche überhaupt?

2.) Fazit vorab: Weder das BGB – also das materielle Recht aus dem heraus sich die Anspruchsgrundlage ergibt – noch die ZPO, aus dem heraus sich ergibt, wie der Anspruch zu vollstrecken ist, sind wirklich für Fälle dieser Art gemacht worden. Jeglicher Anspruch auf Herausgabe der Daten, Datenbanken und Programme ist dem Anwalt so genau zu bezeichnen, dass genau klar ist, welche Daten, Datenbanken und Programme auf welche technische Art und Weise zu kopieren oder herauszugeben sind. Salopp geschrieben: A hat dem Gericht genau zu sagen, was er haben will und auf welchem technischen Weg er diese Dinge auch bekommen kann. Und schon alleine hier zeigt sich die vorderste Notwendigkeit, sich niemals, niemals, niemals faktisch und rechtlich von einem Hostprovider abhängig zu machen. A wäre sehr gut beraten gewesen, wenn er in regelmäßigen Abständen Datensicherungen aller erforderlichen Programme, Daten und Datenbanken hätte angefertigt oder anfertigen lassen. Die Vollstreckung dieser Ansprüche ist rechtlich ausgesprochen schwierig.

Zweites Fazit: Man treffe vertragliche Regelungen auf Herausgabe der Daten, Datenbanken und Programme, die dem Provider kein Recht geben, diese Dinge zu erhalten, auch wenn noch Rechnungen offen sind.

3.) Rechtsprechung

Die Rechtsprechung (BGH 17.4.1996 VIII ZR 5/95) geht den Weg über die Geschäftsführung ohne Auftrag und besagt sinngemäß, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber alles herauszugeben hat, was er zur Ausführung eines Auftrags erhalten hat (§ 667 BGB).

Hierzu gehört der Besitz der Kundendaten des Auftraggebers. Der Auftraggeber hätte also das Recht auf Herausgabe einer Kopie der Daten und auf Löschung der Daten. Die Verpflichtung zur Löschung der Daten ist dann vom BGH 1997 (BGH VIII ZR 283/96) noch einmal bestätigt worden. Das OLG München hat 1999 eine Entscheidung erlassen, aus der sich ergibt, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber vor Beendigung des Auftragsverhältnisses die Überlassung aller Daten schuldet, die der Auftraggeber benötigt, um ein neues System zu betreiben. Die Daten, Datenbanken und Programme hätten seien so zu liefern, dass dem Auftraggeber die faktische Verwendung dieser Daten ohne weiteres möglich sei.

4.) Probleme

Herausgabe bedeutet also nicht die tatsächliche Übertragung des Besitzes, sondern wird so verstanden, dass der Auftraggeber in die Lage versetzt wird, mit den Daten, Datenbanken und Programmen weiter zu arbeiten. Der Wortlaut der §§ 662ff BGB gibt aber hierfür nicht unmittelbar etwas her, man sollte auf die benannte Rechtsprechung abstellen.

Aber: Das eigentliche Problem besteht in der prozessualen Durchsetzung der Ansprüche, die sich in seltensten Fällen über eine durch den Gerichtsvollzieher nach § 883 ZPO zu realisierende Durchsetzung eines Herausgabeanspruchs als durch die Vornahme einer vertretbaren Handlung nach § 888 ZPO realisieren lässt. Die entsprechenden Punkte wurden oben genannt und sind nur schwer zu realisieren. Man sollte gleich in dem mit dem Hostprovider abzuschließenden Vertrag die technischen Details klären, wie man faktisch so an die Daten, Datenbanken und Programme gelangt, dass man auch schnell wieder mit diesen Dingen arbeiten kann. Fehlt es an diesem Umstand wird der Hostprovider rein faktisch eine starke Position einnehmen.

 

 

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