IT-Recht: Mithaftung des Kunden bei Fehlern im Change Management

Kaum ein komplexeres IT-Projekt wird je exakt so verwirklicht, wie es die Parteien bei Eingehung des Vertrags vorgesehen haben. Das Change Management ist deshalb eine essentiell wichtige Frage, der schon im Rahmen der Vertragsverhandlungen hohe Priorität eingeräumt werden sollte. Wichtig dabei ist vor allem auch, welche Vertragspartei für die Planung der geänderten Anforderungen verantwortlich zeichnet. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn sich der Kunde bei der Planung und Durchführung durch externe Projektmanager beraten lässt. Dies illustriert ein Fall, den der BGH zu entscheiden hatte (BGH, Urteil vom 16.10.2014 – VII ZR 152/12).

Die Entscheidung des BGH ist zum Baurecht ergangen – wegen der Ähnlichkeit von komplexen Bauvorhaben zu komplexen IT-Projekten übernehmen die Gerichte aber immer wieder Wertungen aus baurechtlichen Konstellationen für die Beurteilung von Sachverhalten aus dem Bereich des IT-Rechts. Insofern ist dieser Blick über den juristischen Tellerrand unbedingt empfehlenswert.

Im konkreten Fall wurden ebenfalls nach Vertragsschluss während der Bauphase Änderungen an der ursprünglichen Planung vorgenommen. Diese Änderungen stellten sich im Nachhinein als nachteilig heraus, weswegen der Kunde Nacherfüllung von dem Werkunternehmer verlangte.

Der BGH entschied, dass sich der Kunde auch bereits für den Nacherfüllungsanspruch ein Mitverschulden an der mangelhaften Ausführung der Arbeiten anrechnen lassen müsse. Denn die nachträglichen Änderungen – also die Changes – seien zwar von dem Werkunternehmer ausgeführt worden. Allerdings habe die Planung der Changes der von dem Besteller eingeschaltete Architekt – also im IT-rechtlichen Zusammenhang der externe Projektmanager – vorgenommen. Dass die Vereinbarung über die Ausführung der geänderten Anforderungen direkt zwischen dem Kunden und dem Werkunternehmer zustande gekommen sei, ändere nichts an der dem Kunden zuzurechnenden Planungsverantwortung des Architekten.

Die Folge: Der Kunde musste sich zu einem erheblichen Teil an den Kosten der Mängelbeseitigung beteiligen.

Um in der Praxis langwierige Auseinandersetzungen zu vermeiden, empfiehlt es sich unbedingt, vertragliche Abreden über die Verantwortung für Changes zu treffen. Aus Sicht des Unternehmers ist dabei – ungeachtet der hier beschriebenen Möglichkeit einer Mitverantwortung des Kunden – darauf zu achten, etwaige Risiken, die sich durch den Change ergeben, aufzuzeigen und sorgfältig zu dokumentieren. Verlangt der Kunde dann dennoch die Durchführung unter den geänderten Anforderungen, werden sich Mängelansprüche kaum noch mit Erfolg durchsetzen lassen. Aus Kundensicht stellt sich die Interessenlage – wenn auch mit einem anderen Ziel – gar nicht anders dar. Auch der Kunde sollte auf einer hinreichend sorgfältigen Prüfung der Changes durch den Werkunternehmer und einer Dokumentation der Ergebnisse bestehen. Nur so wird er Planungsfehler seiner eigenen Projektmanager oder externer Berater rechtzeitig erkennen und die Planung gegebenenfalls in Absprache mit dem IT-Unternehmen nochmals anpassen können.

Es zeigt sich, dass, um das Scheitern eines Projekts zu vermeiden, ein stetiger enger Austausch zwischen den Parteien vonnöten ist. Eine tragfähige Regelung zum Change Management darf in keinem Projektvertrag fehlen. Wird hier von einer der beiden Vertragsparteien in den Verhandlungen kein Interesse gezeigt, ist dies meist ein deutliches Warnsignal für den erfolgreichen Fortgang des Projekts. Ebenso wichtig ist es allerdings, dass die einmal getroffene Regelung dann schließlich auch genau so „gelebt“ wird.

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