BGH Entscheidung World of Warcraft – Bedeutung für das Softwareurheberrrecht

Die Entscheidung des BGH zu World of Warcraft – einem Computerspiel – wurde mit Spannung erwartet, weil der BGH die Möglichkeit hatte, bedeutsame Fragen des Softwareurheberrechts zu klären. Die Entscheidung Half Life (BGH GRUR 2010, 822) steht im Widerspruch zu den Aussagen des EuGH – Entscheidung Oracle /Usedsoft v.3.7.2012 GRUR 2012,904 und vielen anderen offen Punkten.

Ich habe die wichtigen Aussagen destilliert.

1.) Es war umstritten, ob die reine Nutzung von Software  (im Sinne einer Verwendung, eines Gebrauchens) ein urheberrechtlich relevanter Vorgang ist. Der BGH entscheidet, daß die Nutzung einer Software in diesem Sinn keine urheberrechtsrelevante Nutzungshandlung ist. Es fehle an einer Vervielfältigung. Kunden können deshalb unabhängig von der Anzahl der Seats oder User Software nutzen, solange keine Vervielfältigungshandlung vorliegt und keine technischen Maßnahmen programmiert wurden, die eine entsprechende Verwendung der Software unterbinden. Die Anzeige von Software auf einem Bildschirm ist keine Vervielfältigung (Laden einer Kopie in den RAM). Klar gesagt: Das Urhebergesetz hinkt der Zeit hinterher.

2.) Nach § 69d III UrhG dürfen auch ohne Zustimmung des Rechteinhabers Maßnahmen erfolgen, die eine Analyse des Programms zum Gegenstand haben. Der BGH geht soweit – und das ist das entscheidende Kriterium, das vorher so nicht vertreten wurde – zu sagen, daß nicht nur die Entwicklung von alternativer Software ohne Zustimmung – und sogar gegen ein Verbot – möglich sein müssen, sondern auch die Entwicklung von AddOns. Bedeutet: Wenn Sie AddOns erstellen möchten, können Sie – freilich ohne Eingriffe in den Source – die Software eines Unternehmens analysieren, egal ob dies erlaubt ist oder nicht.

3.) Konkret aber sagte der BGH, daß bestimmte Regelungen des Softwareurheberrechts nur für reine Software, aber nicht für Multimediawerke gelten würden, weshalb die Grundsätze der Entscheidung Oracle Usedsoft genau nicht für Computerspiele Anwendung fänden. Bedeutet das, daß der Weiterverkauf einer Lizenz für Microsoft Word verboten werden kann, wenn zB die Bedienungsanleitung per Videocast mitgeliefert wird?

4.) Was aber mit der Entscheidung Half life ist, wissen wir nicht. Das Gericht macht sich nicht die Mühe zu prüfen, ob AGBs, die nach dem Kauf erst für den Kunden sichtbar werden (EULA) überhaupt wirksam Vertragsbestandteil werden und bejahendenfalls ob die Regelungen einer EULA vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH Oracle Usedsoft wirksam sind (Superspannendes Thema).

Deshalb ist die Entscheidung für mich eine verpasste Chance. Anderen mag sie helfen.

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