BGH: Strafbare Verletzung von Unionsmarken nach § 143a MarkenG, auch wenn dort Verweis auf die nicht mehr existente Gemeinschaftsmarkenverordnung / Begriff der Einfuhr

  1. BGH spricht Klartext

Der § 143a MarkenG regelt die strafbare Verletzung der Gemeinschaftsmarke. In Absatz 1 wird auf die nicht mehr existente Gemeinschaftsmarkenverordnung (Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26.02.2009 über die Gemeinschaftsmarke) verwiesen. Seit dem 23. März 2016 ist die neue Unionsmarkenverordnung (Verordnung (EU) 2015/2424 vom 16.12.2015) in Kraft getreten.

Der BGH  (Beschluss vom 23.01.2018, Az. 5 StR 554/17) hatte sich nun mit der Frage auseinander zu setzen, ob eine Strafbarkeit angenommen werden kann, wenn auf eine nicht mehr existente Verordnung verwiesen werden würde. Der BGH sagt: JA!

„2. Die Änderung der in § 143a Abs. 1 MarkenG zitierten EU-Verordnung lässt die Strafbarkeit des Angeklagten unberührt.

a) Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte mit den seit dem 23. März 2016, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung (EU) 2015/2424 vom 16. Dezember 2015 zur Änderung der in § 143a Abs. 1 MarkenG zitierten Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (zuvor: GemeinschaftsmarkenVO/GMV; seitdem: UnionsmarkenVO/UMV), verübten Tathandlungen die Rechte von Inhabern einer Unionsmarke nach Art. 9 Abs. 2 lit. a UMV verletzt und sich deswegen auch hinsichtlich dieser Taten gemäß § 143a Abs. 1 Nr. 1 MarkenG strafbar gemacht hat. Allerdings ist die starre Verweisung in § 143a Abs. 1 MarkenG auf Art. 9 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 der mit dem Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2015/2424 verbundenen Änderung nicht angepasst worden. Seitdem geht sie ins Leere, da die Regelungen in Art. 9 Abs. 1 Satz 2 GMV, auf die verwiesen wird, in Art. 9 Abs. 2 UMV überführt wurden.

Zusammengefasst:

Der deutsche Gesetzgeber hat es versäumt, die Verweisung auf die EU-Markenverordnung (vormals: Gemeinschaftsmarkenverordnung, kurz: GMV; aktuell: Unionsmarkenverordnung, kurz: UMV) anzupassen. Daher geht der Verweis in § 143a MarkenG derzeit ins Leere.

Dies ist jedoch für die Strafbarkeit des Angeklagten nicht von Relevanz. Denn der Umfang der Rechtegewährung des Markeninhabers gegenüber Dritten ist in der alten GMV als auch der neuen UMV ohne relevante Abweichungen geregelt.

 

  1. Wann liegt eine Einfuhr von widerrechtlich gekennzeichneten Waren vor?

Auch das wird in dem Beschluss des BGH konkretisiert.

Eine Einfuhr liegt vor, wenn die gekennzeichnete Ware aus dem Ausland tatsächlich in den Schutzbereich des Markengesetzes überführt worden ist ([…] vgl. demgegenüber zur Durchfuhr EuGH GRUR 2006, 146). Täter dieser Verletzungshandlung ist nicht nur, wer im Zeitpunkt des Grenzübertritts bzw. bei Nichtunionswaren im Zeitpunkt ihres Statuswechsels zu Unionswaren die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Ware hat, sondern auch der die Einfuhr veranlassende im geschäftlichen Verkehr handelnde inländische Besteller der Ware.  Auch eine Grenzbeschlagnahme steht der Einfuhr nicht entgegen. […] Die Aufnahme der „Einfuhr“ als Benutzungshandlung sollte den Verletzungstatbestand im Interesse effektiven Markenschutzes gerade so weit wie möglich nach vorne verlagern (Ingerl/Rohnke aaO Rn. 244). Dieser Zielrichtung würde es nicht entsprechen, für eine vollendete Einfuhr nicht schon das Hereinschaffen der Ware ins inländische Hoheitsgebiet genügen zu lassen, sondern beispielsweise zusätzlich zu fordern, dass die Ware die Zollstelle passiert hat. 

Eine erfreuliche Entscheidung für Markeninhaber, die regelmäßig der Produktpiraterie aus Fernost ausgesetzt sind.

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