Keyword Advertising und das Markenrecht

Die Rechtsprechung zur Nutzung von fremden Marken in Google Adwords kann man schon als alten Hut bezeichnen. Bereits mit einem Urteil aus dem Jahr 2011 hat der EuGH sich mit dem Thema Keyword-Advertising und Google Adwords auseinandergesetzt.

Sachverhalte

EuGH 22.09.2011 Keine Markenrechtsverletzung durch AdWords, wenn….

Der Sachverhalt zum Urteil aus dem Jahr 2011 (Az. C-323/09) betraf den weltweiten Blumenlieferanten Interflora Inc. Und dessen eingetragene Marke „INTERFLORA“. Das britische Einzelhandelsunternehmen Marks & Spencer nutzte den Begriff „INTERFLORA“ als Google Adwords für die Bewerbung des eigenen Blumenlieferservices. Interflora Inc. erhob Klage gegen Marks & Spencer wegen Markenrechtsverletzung.

In diesem Urteil wurden mehrere Aspekte angesprochen, wie zB die Markenverwässerung und das sog. „Trittbrettfahren“, die Beeinträchtigung der Investitionsfunktion und der Herkunftsfunktion der Marke. Da nicht alles markenverletzend sein kann, andernfalls kann schließlich kein Wettbewerb mehr betrieben werden, hat der EuGH sich auch mit der Frage auseinander gesetzt, ob eine Nutzung einer fremden Marke erlaubt sein kann, wenn man bloß ein alternatives Produkt aufzeigen möchte.

Fazit zum EuGH Urteil 2011

Wenn die Werbung so gestaltet wird, dass erkennbar ist, dass weder die Herkunft der Marke getäuscht werden noch die Investition der Marke beeinträchtigt werden noch der Ruf der Marke ausgebeutet werden soll, dann kann eine Werbung mit einer fremden Marke zulässig sein.

Mit anderen Worten: Je nach Ausgestaltung kann das Bewerben der eigenen Produkte mit Google Adwords einer fremden Marke zulässig sein.

BGH 2011 und 2012 (Bananabay II und MOST-Pralinen) Konkretisierung der Rechtsprechung des EuGH

Der BGH entschied ähnlich wie der EuGH. Dem BGH zufolge liegt eine Markenverletzung durch Verwenden der fremden Marke in Google AdWords nicht vor, wenn die Werbung farblich und räumlich deutlich abgesetzt mit dem Begriff „Anzeige“ gezeigt wird. Außerdem weder die fremde Marke noch sonst ein Hinweis auf den Inhaber der Marke oder die mit der Marke geschützten Produkte in der  Anzeige selbst enthalten ist und der angegebene Domainname vielmehr auf eine andere betriebliche Herkunft hinweist. (BGH 2011 – Bananabay II)

In der MOST-Pralinen Entscheidung konkretisierte der BGH die Anforderungen an das Schalten von Keywords mit einer zweistufigen Prüfung:

  1. Zunächst hat das Gericht festzustellen, ob bei einem normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer aufgrund der allgemein bekannten Marktmerkmale das Wissen zu unterstellen ist, dass der Werbende und der Markeninhaber nicht miteinander wirtschaftlich verbunden sind, sondern miteinander im Wettbewerb stehen.
  2. Falls ein solches allgemeines Wissen fehlt, hat das Gericht sodann festzustellen, ob für den Internetnutzer aus der Werbeanzeige erkennbar ist, dass die vom Werbenden angebotenen Waren oder Dienstleistungen nicht vom Markeninhaber oder mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen.

Fazit BGH

Der BGH hat die Nutzung von Drittmarken in Google AdWords konkretisiert und somit den Gerichten eine Richtschnur an die Hand gegeben, die sie auf ihre Fälle anwenden können. Dennoch muss jedes Gericht den Einzelfall betrachten. Aus diesem Grund folgen dann Urteile, in denen eine Markenrechtsverletzung angenommen oder abgelehnt wird. Manchmal muss man aber auch in Berufung gehen, wie das aktuelle Urteil des OLG Braunschweig zeigt (siehe ganz unten).

OLG München, Beschluss vom 04.12.2020 Deutliche Abgrenzung von fremder Marke

Das Unternehmen Shirtee nutzte als Google Adwords die Konkurrenzmarke Bandyshirt als Keyword. Die Anzeige lautete: „Bandyshirt-Alternative? – Jetzt zu Shirtee wechseln. Wechsel jetzt von Bandyshirt zu Shirtee! Gestalte eine Vielzahl an Produkten“.

Das OLG München legte die Grundsätze des EuGH zugrunde. Es argumentierte, dass es sich hier um eine klar gekennzeichnete Werbung (Anzeige) handelte und bereits der Werbetext deutlich mache, dass nicht der Markeninhaber selbst die Werbung schaltete, sondern ein Konkurrenzunternehmen. Damit wird die Herkunftsfunktion der Marke nicht beeinträchtigt. Ebenso wird auch die Werbefunktion, die Investitionsfunktion und die Unterscheidungskraft der Marke nicht beeinträchtigt.

Das OLG verurteilte den Beklagten dennoch, da seine Werbung unlauter und somit wettbewerbswidrig war. Es liegt eine unzulässige vergleichende Werbung vor.

Fazit zum OLG München 2020

Eine Markenverletzung aufgrund der Nutzung von Konkurrenzmarken in Google AdWords wird in diesem Fall abgelehnt.

OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.08.2019 Markenverletzung bejaht, da keine deutliche Abgrenzung

In diesem Fall war die Werbung mit den Keywords zwar deutlich farblich und räumlich getrennt von den anderen Suchergebnissen. Allerdings muss die Werbung zudem auch inhaltlich deutlich machen, mit dem Inhaber der Konkurrenzmarke nicht in wirtschaftlicher Verbindung zu stehen. Das war hier nicht der Fall.

Die Werbung erweckte laut dem OLG Frankfurt den Anschein, dass der Werbende mit dem Inhaber der Marke in Verbindung steht, nämlich der Werbende von dem Inhaber der Marke zertifiziert wurde.

Fazit zum OLG Frankfurt 2019

Eine Markenverletzung kann durch Schalten von Google Adwords vorliegen, wenn zwar deutlich gemacht wird, dass es sich um eine bloße Werbung handelt, wenn die Werbung aber inhaltlich so aufgebaut ist, dass eine Angrenzung zur Drittmarke nicht erkennbar ist.

OLG Braunschweig, Urteil vom 09.02.2023 Keine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion

Auch dieses Urteil fügt sich in die Rechtsprechung des EuGH und BGH ein und verneint eine Markenrechtsverletzung, wenn die Werbung als „Anzeige“ gekennzeichnet wird und in der Werbeanzeige selbst keine Hinweise auf die Konkurrenzmarke oder den Inhaber dieser Marke enthalte.

In diesem Fall wurde auch die unlautere Werbung verneint.

Fazit OLG Braunschweig 2023

Diese Entscheidung ist keine Überraschung. Interessanterweise ist es bis zum OLG Braunschweig gekommen, da das LG Braunschweig entgegen der inzwischen gefestigten Rechtsprechung den Fall offenbar anders bewertet hat.

Wenn Sie Fragen zu markenrechtlichen Themen haben, kommen Sie gerne auf uns zu.

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