Bearbeitung eines Computerprogramms durch Manipulation variabler Nutzerdaten

Der BGH hat einem Beschluss erlassen, mit dem er dem EuGH Fragen vorlegt, die die Auslegung verschiedener Regelungen im Zusammenhang mit dem Urheberrecht für Software betreffen.

BGH  B.v. 23.3.2023 / Hans OLG 7.10.2023

Der Fall:

Hintergrund dieses Vorlagebeschlusses ist der Versuch von Sony, sich gegen Cheat-Software zu wehren, die die Manipulation eines Rennspiels betrifft. In einem Spiel, in dem es um die Steuerung von Autos geht, werden die Eingabewerte des Nutzers manipuliert und er erzielt dadurch bessere Spielergebnisse.

1.) Die Klägerin begehrt die Unterlassung dieser Funktionsweise der Cheat-Software der Beklagten mit der Begründung, die Veränderung der variablen Daten des Users sei eine Bearbeitung des Computerprogramms, die ohne die Zustimmung der Berechtigten (Sony) stattfinde.

Und das ist eine Fragestellung, die weit über den Bereich der Spieleindustrie hinaus geht. In dem Fall von Cheat-Software wird die ursprüngliche Spielidee konterkariert. Aber die Bedeutung der Entscheidungen ist auch für die Programme relevant, die eine andere Software wie ein Werkzeug benutzen möchten. Die Eingaben, die normalerweise durch die Nutzer erfolgen, können automatisiert generiert werden und das andere Programm wird zu einem Tool.

Frage: Ist das rechtlich möglich?

Fest steht, dass die Software weder den Objekt- noch den Quellcode der ursprünglichen Software verändert. Damit stellt sich die Frage, ob sich der Schutzbereich von Software auch auf die Variablen Daten bezieht, die von der Software verarbeitet werden. Sind also auch die Eingaben, die normalerweise vom User eingegeben werden, mit vom Schutzbereich des Programms umfasst und kann man verhindern, dass Wettbewerber das eigene Programm anders einsetzen, weil sie die Userdaten manipulieren?

Die deutschen Vorinstanzen des EuGH sehen dies sehr skeptisch. Über API oder die unmittelbare Steuerung des Nutzers erzeugte oder beeinflusste Daten gehören nicht zum Code eines Computerprogramms (Hans. CR 98, 332 – Tomb Raider). Die gegenteilige Ansicht müsste auch erklären, warum die Herstellung der Schnittstelleninteroperabilität nach dem Gesetz (vgl. § 69e UrhG) nicht von der Zustimmung des Berechtigten ist, sondern und auch ohne dessen Zustimmung hergestellt werden kann.

 2.) Monopolisierung der Idee oder Funktionalität

Die Funktionalität einer Software lässt sich nicht durch das Urheberrecht monopolisieren. Geschäftsideen sind in Europa (anders als in den USA) allenfalls engen Grenzen über das Patentrecht schutzfähig, nicht aber durch das Urheberrecht.

Der Einwand, dass dem Spiel eine andere Spielidee zugrunde liegt, fängt also nicht.

3.) Im Ergebnis gibt es eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass man ein eigenes Computerprogramm so gestalten kann, dass ein externes Computerprogramm zum reinen Werkzeug wird.

Weitere Beiträge

Datenschutz

EuGH zu Haftung und Schadensersatz nach DSGVO nach Cyberangriff In einem wegweisenden Urteil (Urteil vom 14.12.2023, Az. C 340/21) hat der EuGH wichtige Fragen zur Auslegung der DSGVO, insbesondere zu den Art. 24 und 32 DSGVO, die die Verantwortlichkeit der

Mehr lesen »

Markenanmeldung einfach erklärt

Sie haben ein Produkt und jeder soll wissen, dass es zu Ihrer Firma gehört. Um einen Wiedererkennungswert zu schaffen, denken Sie sich einen passenden Namen für das Produkt aus. Sie betreiben ein kostenintensives Marketing und investieren in die Qualität des

Mehr lesen »

AÜG für die IT 2024 Teil II

III. Abgrenzbares/ dem Auftragnehmer als eigene Leistung zurechenbarer Auftrag Wie sollen die Einzelverträge /SOWs/ Aufträge formuliert sein? 1.) Abgrenzbares Werk Nach der Rechtsprechung soll es entscheidend sein, ob ein abgrenzbares, dem Auftragnehmer als eigene Leistung zurechenbares Werk, vertraglich vereinbart ist

Mehr lesen »
Nach oben scrollen