Urheberrecht: Filesharing und die Auskunftspflicht des Internetanbieters

Stellt der Rechtsinhaber eines Urheberrechts fest, dass eine Rechtsverletzung über eine bestimmte IP-Adresse erfolgt ist, und wurde diese IP-Adresse gesichert, kann der Rechtsinhaber noch nicht sofort gegen den angeblichen Verletzer vorgehen, denn es liegen dem Rechtsinhaber noch nicht die erforderlichen Daten vor. Erst aufgrund eines Beschlusses des zuständigen Gerichts nach § 101 Abs. 9 UrhG kann der Rechtsinhaber an den Internetanbieter herantreten und die Daten, nämlich Name und Adresse, mithin die Verkehrsdaten, heraus verlangen.

Grundsätzlich prüft das jeweilige zuständige Gericht sorgfältig, ob die geltend gemachten Ansprüche des Rechtsinhabers auch wirklich gegeben sind. Sofern Ihnen vorgeworfen wird, dass Sie eine Urheberrechtsverletzung begangen haben sollen, ist der Beschluss des erstinstanzlichen Gerichts allerdings sorgfältig zu prüfen.

Das Oberlandesgericht Köln hat in einer aktuellen Entscheidung festgestellt, dass ein Beschluss des Landgerichts Köln, wodurch der Rechtsinhaber die Verkehrsdaten eines angeblichen Verletzers vom Internetanbieter heraus verlangen konnte, die Rechte des Betroffenen verletzt hat, siehe den Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 10.02.2011, Az. 6 W 5/11.

Der Rechtsinhaber hat den angeblichen Verletzer auf der Grundlage der Daten des Internetproviders wegen einer Urheberrechtsverletzung abgemahnt, da die maßgebliche IP-Adresse dem angeblichen Verletzer zu dem relevanten Zeitpunkt zugeordnet werden könne. Der angebliche Verletzer hat Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Köln eingelegt, der die Vorlage der Daten an den Rechtsinhaber überhaupt ermöglicht hat.

Der angebliche Verletzer hat vorgetragen, dass IP-Adressen grundsätzlich dynamisch vergeben werden und insoweit nach Trennung der Verbindung eine neue IP-Adresse vergeben wird, wenn der Betroffene erneut ins Internet geht. Der Verletzer soll aber an zwei hintereinander folgenden Tagen die gleiche IP-Adresse zugewiesen bekommen haben. Das gleiche Phänomen hatte der angebliche Verletzer im Rahmen des streitgegenständlichen Gerichtsbeschlusses bei anderen angeblichen Rechtsverletzern gefunden. Insoweit müsse die Ermittlung der IP-Adressen fehlerhaft gewesen sein.

Der Rechtsinhaber ist diesem Vortrag entgegengetreten.

Das Oberlandesgericht folgte der Ansicht des angeblichen Verletzers. Denn der Auskunftsanspruch nach § 101 Abs. 9 UrhG setze voraus, dass die Rechtsverletzung offensichtlich sei. Werden aber im Antrag des Rechtsinhabers mehrfach die gleichen IP-Adressen genannt, so bestehen dann erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Daten.

Dieser Beschluss sollte von jedem, der wegen Filesharing abgemahnt ist, berücksichtigt werden. Der jeweilige Beschluss des Gerichts und auch die IP-Adresse-Daten des vom Rechtsinhaber vorgelegten Daten sind genau zu prüfen. Gegebenenfalls dürfte Ihr Internetprovider Ihre Daten gar nicht erst herausgeben.

Auch bei dem Standardargument der abmahnenden Anwälte, die Software, womit die fragliche IP-Adresse erst ermittelt wurde, funktioniert „sehr zuverlässig“, kann mit Gegenargumenten gekontert werden, wenn Unstimmigkeiten und Ungereimtheiten vorliegen. Das Oberlandesgericht Köln hielt diese Argumentation auf jeden Fall für unzureichend. Die vorgelegte Versicherung an Eides statt des Geschäftsführers des mit der Ermittlung beauftragten Unternehmens sei zu pauschal und selbst das vorgelegte Sachverständigengutachten schließe nicht aus, dass Falschermittlungen durch die Software möglich sind.

Wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben, sollten Sie dringend einen Anwalt konsultieren. Geben Sie nicht die vorgelegte Unterlassungserklärung ab, wenn Sie nicht geprüft haben, ob Sie hierzu tatsächlich verpflichtet sind.

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