Markenrecht: Beschreibende Bedeutung englischer Begriffe

Gemeinschaftsmarken genießen Schutz für die gesamte Europäische Union. Gegen die Eintragung von Gemeinschaftsmarken kann daher Widerspruch nicht nur aus anderen Gemeinschaftsmarken, sondern auch aus den jeweiligen nationalen Marken der 28 Mitgliedsstaaten erhoben werden. Das EuG hat für letzteren Fall nun entschieden, welche Bedeutung englischsprachigen Begriffen zukommt (EuG, Urteil vom 16.10.2014 – T-297/13).

Darum ging’s: Beim HABM war eine Gemeinschaftsmarke „United Autoglas“ u.a. für Autoscheiben und damit zusammenhängende Dienstleistungen angemeldet worden. Hiergegen legte die Inhaberin der für ganz ähnliche Waren und Dienstleistungen angemeldeten polnischen Marke „Autoglass“ Widerspruch ein. Die Marke „Autoglass“ ist eine Wort-/Bildmarke, wobei der Bildbestandteil hier nicht ins Gewicht fiel.

Das Gericht konzentrierte sich bei dem vorzunehmenden Vergleich der Zeichen auf die Bestandteile „Autoglas“ bzw. „Autoglass“. Weder der Wortbestandteil „United“ noch der Bildbestandteil hätten eine dominierende Stellung. Dass insoweit zwischen den beiden Zeichen eine hochgradige Ähnlichkeit besteht, leuchtet ein. Ein klanglicher Unterschied ist insoweit überhaupt nicht gegeben, und auch in schriftbildlicher Hinsicht unterscheiden sich die Zeichen nur wegen des fehlenden zweiten „s“ am Wortende.

Interessant ist aber, dass das Gericht überhaupt auf diese beiden Zeichenbestandteile abstellt. Denn „Autoglas“ bzw. „Autoglass“ ist für deutsche Ohren eine schlichte Beschreibung dessen, was mit der Marke gekennzeichnet werden soll, nämlich Scheiben für Autos. Rein beschreibende Angaben haben allerdings keine Unterscheidungskraft und können deswegen regelmäßig auch nicht für einen Zeichenvergleich herangezogen werden. Somit wäre hier der Wortbestandteil „United“ mit dem Bildbestandteil der polnischen Marke zu vergleichen gewesen.

Das Gericht erkennt dies natürlich auch und begründet seine Entscheidung mit dem Verständnis der polnischen Verkehrskreise. Das polnische Wort für „Glas“ ist dem deutschen bzw. englischen vollkommen unähnlich. Das Gericht meint außerdem, dass der deutsche bzw. englische Begriff in Polen nicht hinreichend bekannt sein dürfte, als dass polnische Verbraucher der Marke „Autoglass“ beschreibende Bedeutung beimessen würden.

Diese Begründung mutet vor dem Hintergrund recht absurd an, dass der Inhaber mit hoher Wahrscheinlichkeit gerade aus dem Grund das Zeichen „Autoglass“ gewählt hat, weil die polnischen Verbraucher die beschreibende Bedeutung kennen. Das Urteil wird denn auch aktuell vor dem EuGH angegriffen. Sinnvoll ist die Begründung des EuG allenfalls dann, wenn eher zufällig in einem Land der EU eine Marke existiert, die in einer der anderen Sprachen der Union beschreibende Bedeutung hätte. Bei einem Sprachenmix wie in der EU kann das schon einmal vorkommen. Dann dem Inhaber der nationalen Marke unter Berufung auf die beschreibende Bedeutung in einem ganz anderen Land den Schutz vor der Anmeldung identischer oder sehr ähnlicher Gemeinschaftsmarken zu versagen, wäre unbillig. Der hier entschiedene Fall ist hingegen ein eher schlechtes Beispiel für die grundsätzlich zutreffenden Überlegungen des EuG.

Nichtsdestotrotz werden Anmelder von Gemeinschaftsmarken bei der der Anmeldung vorangehenden Recherche künftig auch nationale Markenanmeldungen verstärkt berücksichtigen müssen, denen womöglich nur in englischer Sprache beschreibende Bedeutung zukommt, nicht aber in der jeweiligen Landessprache.

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